Der Jahreswirtschaftsbericht zeigt: Das BIP hat ausgedient
Bochum, den 25.01.2023. Die Regierung hat erkannt, dass das BIP als Kennzahl für eine erfolgreiche Wirtschaftspolitik allein nicht ausreicht. Auch nichtfinanzielle, sozial-ökologische Aspekte fließen in die Analyse mit ein. Aber der Vorschlag ist noch nicht mutig genug, findet die GLS Bank.
Wir als GLS Bank sind erfreut, dass die Bundesregierung im aktuellen Jahreswirtschaftsbericht auch die Entwicklung nichtfinanzieller Aspekte in ihre Analyse und Interpretation des vorangegangenen Wirtschaftsjahres einfließen lässt.
Dazu sagt unsere Vorstandssprecherin Aysel Osmanoglu:
"Ich begrüße es sehr, dass die Bundesregierung neben dem BIP den Wohlstand auch anhand sozialer Kriterien messen will. Denn ein gutes Leben bedeutet nicht, möglichst viel Kapital und Besitztümer anzusammeln. Ein gutes Leben ist geprägt von Gesundheit für Mensch und Natur, fairen Bildungs- und Berufschancen, einer gerechten Teilhabe und einer funktionierenden Infrastruktur. Das sind gleichzeitig die Voraussetzungen für eine starke Demokratie."
Aus unserer Sicht hat das Bruttoinlandsprodukts (BIP) als Kennzahl wenig mit den Werten zu tun, die den wahren Wohlstand einer Gesellschaft ausdrücken. Wenn wir Wohlstand im Sinne eines guten Lebens verstehen wollen, müssen Ökonom*innen neben rein ökonomischen Aspekten, wie etwa Wachstum, auch soziale Fragen und ökologische Werte zwingend einbeziehen. Sie sind nicht nur das Fundament einer gesunden Wirtschaft. Vielmehr sollten sie Sinn und Zweck unseres Wirtschaftens sein. Durch die neue Art des Wohlstands wird auch die Notwendigkeit gesunder Ökosysteme und stabiler sozialer Fundamente für eine funktionierende Volkswirtschaft ebenso wie für eine florierende Demokratie anerkannt.
Leider bleibt das reine Wirtschaftswachstum dem Bericht zufolge weiterhin vorrangiges Ziel deutscher Wirtschaftspolitik. Nichtfinanzielle Kriterien werden aber im Bericht genannt. Wir als GLS Bank wollen die Bundesregierung ermutigen, weitere Schritte in Richtung eines echten Paradigmenwechsels zu gehen. Wirtschaftswachstum darf kein Selbstzweck sein. Wenn es um die Frage geht: Wie steht es um den Wohlstand in Deutschland? Dann müssen auch Biodiversität, soziale Gleichheit, Gleichstellungsfragen, Förderung der Demokratie und der Kampf gegen die Klimakrise miteinbezogen werden.
Zudem wäre es sinnvoll, die Ökonomie nach genau solchen Aspekten zu steuern. Sprich: Maßnahmen sollten an genauen sozial-ökologischen Kennzahlen ausgerichtet werden. So könnte der Erfolg der deutschen Wirtschaftspolitik etwa neben dem BIP daran gemessen werden, dass der Gini-Koeffizient gestiegen ist. Das würde anzeigen, dass die Schere zwischen Arm und Reich zurückgegangen ist. Auch ein höherer Artenreichtum (Mean Species Abundance) wäre ein Gradmesser für den Erfolg.
Erst wenn wir wirtschaftliche Stärke nicht länger separat betrachten, sondern ihn systemisch als Aspekt gesellschaftlicher Entfaltung verstehen lernen, kann eine Wirtschaftspolitik ganzheitlich konzipiert werden, und damit Mensch und Natur dienen.
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