Quicumque
Zeitschrift für autarkes Leben
Quicumque. Für Nicht-Lateiner*innen ist der Titel des Magazins nicht unbedingt hilfreich …
Eher verrät die sparsame Gestaltung des Titels – schwarze Lettern auf viel Weiß, ein farbreduziertes Foto in der Blattmitte, elegantes Hochglanzpapier – dass es hier um das Wesentliche geht. Das legt auch der Untertitel nahe: Zeitschrift für autarkes Leben. Selbstversorgung also.
Quicumque ist lateinisch für „jeder, der“, klärt das Editorial auf. Jeder, der was? „Jeder, der Freude daran hat, in einer Gesellschaft zu leben, die auf einer freiheitlichen Grundordnung basiert, und der darüber hinaus Freiheiten überall dort schaffen möchte, wo das moderne Leben Abhängigkeiten erzeugt“, erklärt Axenia Schäfer, Quicumque-Chefredakteurin, Altenpflegerin, promovierte Philosophin und praktizierende Selbstversorgerin.
Wertschätzung
Selbstversorgungsmöglichkeiten sieht sie vor allem beim Heizen, Kochen, Strom erzeugen, Essen und Trinken. Hier scheint ein gewisser Pragmatismus durch. Das ist durchaus gewollt. „Wir sind keine Aussteigerzeitschrift!“, betont Axenia Schäfer. Ihr, ihrem Bruder Björn und Mutter Gudrun – das ist schon das komplette Redaktionsteam – geht es vielmehr darum, altes Wissen über Selbstversorgung zu erhalten und mit neuem Wissen zu kombinieren, Nischen der Unabhängigkeit zu ermöglichen und nachhaltig zu leben.
„Wenn man Sachen selber macht, führt das zu einer ganz anderen Wertschätzung für den Herstellungsprozess und die Dinge selbst. Und man hört auf, gedankenlos wegzuwerfen“, so Axenia Schäfer. Eine 100-%-ige Autarkie könne es in der modernen, elektronikgeprägten Gesellschaft ohnehin nicht geben. So seien Computer und Handys für viele als Arbeitsgerät unverzichtbar und diese seien das Ergebnis von Arbeitsteilung und hochspezialisierten Produktionsprozessen. „Wir von Quicumque finden, dass die soziale Marktwirtschaft ein gutes System ist, um alle an Wohlstand und Wohlfahrt teilhaben zu lassen.“
Gutes erhalten, Großzügigkeit leben
Die Idee zu Quicumque entstand 2010 im Auto. „Mein Bruder und ich waren damals beruflich viel mit dem Auto unterwegs“, erinnert sich Axenia Schäfer. Sie hatten „viel Zeit nachzudenken und Nachrichten zu hören.“ Die Geschwister sind auf einem Biolandhof mit extensiver Weidewirtschaft aufgewachsen. Nun steckten sie in festen Arbeitsstrukturen. „Wir waren weit weg von der Gartenarbeit, von der Waldarbeit und fragten uns, was kann man tun, damit dieses Wissen, Dinge selbst zu machen, nicht verloren geht, aber auch, was kann man tun, um die Freiheit und die Demokratie, die wir in Deutschland haben, zu erhalten?“ Die Antwort: „Man müsste eine Zeitschrift machen.“ Eine Zeitschrift zur Selbstversorgung mit einem gewissen lakonischen Witz, die dafür wirbt, nicht immer perfekt, sondern stattdessen großzügig sich selbst und anderen gegenüber zu sein.
Vorratshaltung aus Vernunft
Warum sollte man sich überhaupt mit Selbstversorgung beschäftigen? Ganz so abwegig ist das nicht. Man erinnere sich nur an das Münsterländer Schneechaos am 1. Adventswochenende 2005 als 250.000 Menschen zeitweise ohne Strom waren. Oder an die Winterstürme in New York Anfang des Jahres. Quicumque hat schon vor Thomas de Maizière zur Vorratshaltung und zur Notfallapotheke geraten. Über den Vorwurf in den Medien, die Vorschläge des Bundesinnenministers zum Katastrophenschutz seien Panikmache, ärgert sich Axenia Schäfer. „Vorratshaltung ist einfach vernünftig. Strom kann immer mal längerfristig ausfallen.“ Sie selbst hat in ihrer kleinen Stadtwohnung Vorräte für zwei Wochen, kann zur Not auf einen Spirituskocher zurückgreifen, hat Behälter, in die sie größere Mengen Wasser abfüllen kann und außerdem einen Vorrat an Kerzen und einige dynamobetriebene Lampen. Bruder Björn wohnt auf dem Land. Er hat eine Photovoltaikanlage auf dem Dach, eine Zisterne und zusammen bewirtschaften sie Wald, der das Holz für die Heizung liefert. Mutter Gudrun produziert in ihrem 300 Quadratmeter großen Stadtgarten Obst und Gemüse, mit dem sie drei Personen gut versorgen kann. Quicumque passe durchaus zur Transition Town Bewegung, zu Urban Gardening, Reskilling und solidarischer Landwirtschaft, die seit einiger Zeit viel Zulauf finden, meint Axenia Schäfer.
Lehrreiches für den Alltag
Themen für Quicumque gibt es genug. „Wir tauschen uns rege mit unseren Leserinnen und Lesern aus und folgen natürlich auch unseren eigenen Interessen“, sagt Axenia Schäfer. Etliches wird im Selbstversuch getestet, das meiste ist aber „Recherche, Recherche, Recherche.“ Danach folgt die Aufbereitung für einen praktikablen Alltag. So erfahren die Leserinnen und Leser genau, wie man ein eigenes kleines Backhaus baut – sofern man den Platz dazu hat -, welche Fruchtfolgen geeignet sind, wie man Bohnen einlegt, eine Säge schärft oder was man beim Einsatz von Honig in der Notapotheke beachten muss. Axenia Schäfer selbst dengelt am liebsten Sensen. „Das ist so schön meditativ.“
Die Quicumque erscheint vier Mal im Jahr in einer Auflage von 5.000 Stück. Bestellen kann man online und am Telefon. Der Versand erfolgt per Post. Beim Bezahlen stoßen die Abonnentinnen und Abonnenten dann auch auf die GLS Bank, bei der der Verlag sein Geschäftskonto hat. „Wir hatten bei der GLS Bank bisher unglaublich freundliche, hilfsbereite, ehrliche und zugewandte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“, sagt Axenia Schäfer. „Es macht einfach Spaß, mit der Bank zusammenzuarbeiten.“
Fotos: Quicumque
Stand: September 2016