LebensRaumHeute
Neue Perspektiven im Alter
Inmitten einer gepflegten Einfamilienhaus-Gegend in Berlin-Neukölln, direkt an der Grenze der Stadtteile Rudow und Buckow, bietet die Gesellschaft LebensRaumHeute in ihrem „Haus Rudow“ ein Zuhause in familiärer Atmosphäre. Hier können hilfe- und pflegebedürftige ältere Menschen ein würdevolles, sinnerfülltes und sorgenfreies Leben führen. Wir sprachen mit dem Geschäftsführer Jens Bauermeister über seine Motivation, seine tägliche Arbeit und darüber, was das Haus Rudow so besonders macht.
Was hat den Ausschlag gegeben für die Gründung von Haus Rudow?
Jens Bauermeister: Dank moderner Medizin werden die Menschen heute älter als jemals zuvor. Dies ist insgesamt sehr positiv, bringt aber auch Probleme mit sich. Die Zahl der hilfe- und pflegebedürftigen Menschen nimmt stetig zu. Die Zeit, dass ältere Menschen in der Regel in einer Großfamilie leben und von Angehörigen gepflegt werden, ist lange vorbei und eher der Ausnahmefall. Es ist heute eine große gesellschaftliche Herausforderung, älteren pflegebedürftigen Menschen trotz gesundheitlicher Einschränkungen ein würdevolles und sinnerfülltes Leben zu ermöglichen. Genau dies war unser Antrieb. Wir wollten in unserem Haus Rudow einen Lebensraum für ältere Menschen schaffen, in dem sie soweit wie möglich selbstbestimmt und aktiv am Leben teilnehmen.
Sie bezeichnen sich auch als „Gesellschaft zur Gestaltung neuer Lebensperspektiven“. Was meinen Sie damit?
Jens Bauermeister: Ich möchte Ihnen anhand eines Beispiels schildern, wie wir älteren pflegebedürftigen Menschen eine neue Lebensperspektive geben wollen: Wir haben viele Bewohner, die nach schweren Unfällen, z. B. Oberschenkelhalsbruch, mit starken Bewegungseinschränkungen zu uns kommen. Oftmals liegen diese Menschen anfangs durchgängig im Bett und haben sich damit abgefunden, dass sie nie wieder laufen können.
Wir wollen aber nicht einen schwierigen pflegerischen Zustand unserer Bewohner „verwalten“, sondern mit den Bewohnern zusammen ihren Gesundheitszustand verbessern und ihnen damit eine neue Lebensperspektive geben.
Wie gehen Sie in diesem Fall genau vor?
Jens Bauermeister: Um die Lebenssituation zu verbessern, müssen wir sowohl an den körperlichen Einschränkungen, aber gerade auch an dem seelischen Zustand arbeiten. Nur wenn der Bewohner den Willen entwickelt, wieder laufen zu wollen, werden wir dieses Ziel auch umsetzen können. Dafür ist viel therapeutische Arbeit notwendig. Wir beschäftigen einen eigenen Physiotherapeuten, der mit den Bewohnern an der stetigen Verbesserung ihrer körperlichen Situation arbeitet. Viele Bewohner, die anfangs nur im Bett lagen, können mittlerweile wieder eigenständig – in der Regel mit Unterstützung einer Gehhilfe – laufen. Eine Bewohnerin konnte nach vier Monaten wieder nach Hause in ihre Wohnung. Im Prinzip hat sie bei uns einen viermonatigen Reha-Aufenthalt bekommen. Im Übrigen ist dies auch „ansteckend“. Wenn ein Bewohner nach einer schwierigen Situation wieder laufen kann, sehen viele andere, dass sie dies auch schaffen können. Sie arbeiten dann sehr intensiv und motiviert an diesem Ziel. So wohnen bei uns sehr viele Menschen, die nach schweren körperlichen Einschränkungen wieder mobil sind.
Was zeichnet Ihre Arbeitsweise im Allgemeinen aus?
Jens Bauermeister: Bei uns steht der therapeutische Ansatz im Vordergrund. Wir nutzen die vorhandenen Potentiale unserer Bewohner und machen sie wieder fitter und seelisch ausgeglichener. Ausgangspunkt dafür ist immer die genaue Analyse der vorhandenen Ressourcen. Unter Einbeziehung des Bewohners, aber auch seiner Angehörigen sowie anderer Berufsgruppen, formulieren wir pflegerische und therapeutische Ziele, die wir gemeinsam mit dem Bewohner umsetzen wollen.
Das Zusammenwirken aller Beteiligten bildet den Charakter unseres Hauses: eine Einrichtung mit familiären Zügen, in denen die Individualität im Vordergrund steht.
Welche Erfahrungen machen Sie im Umgang mit alten, hilfebedürftigen und verwirrten Menschen?
Jens Bauermeister: Jeder Bewohner hat seine eigene Biografie, mit seinen Erlebnissen und Erfahrungen. Bei uns finden sich Gruppen mit gleichen Interessen zusammen oder entdecken neue Interessen und finden so einen Weg zurück in die Gemeinschaft (Ich bin nicht allein). Hier steht an erster Stelle „Hilfe zur Selbsthilfe“. Es gibt auch Situationen, wo Selbsthilfe nicht greift, dann findet eine teilweise oder vollständige Begleitung statt.
Auf ganz unterschiedlichen Ebenen versuchen wir einen Zugang zu den Menschen zu bekommen, um individuell ihre Bedürfnisse feststellen zu können. Wir bieten Einzel- oder Gruppentherapien an, und neben handwerklichen oder künstlerischen Angeboten auch Musiktherapie oder basale Stimulation.
Was verbindet Sie mit der GLS Bank?
Jens Bauermeister: Mit der GLS Bank arbeite ich schon viele Jahre zusammen. Die GLS Bank als erste sozial-ökologische Universalbank unterstützt die gleiche Unternehmensphilosophie wie wir. Auch bei der GLS Bank steht die Verbesserung der Lebensqualität für die Menschen im Vordergrund. Dabei ist das Geld Mittel zum Zweck und nicht Gewinnmaximierungsobjekt, wie bei anderen Banken. Wir haben mit unserem Bau des Haus Rudow im Sommer 2009 begonnen. Zu diesem Zeitpunkt war die Bankenkrise in vollem Gange. Banken haben zu diesem Zeitpunkt fast keine Kredite mehr vergeben. Wir sind äußerst froh, die GLS Bank an unserer Seite zu haben, die auch im schwierigen Umfeld ihrer Philosophie treu geblieben ist und unser Projekt „Haus Rudow“ begleitet hat. Sie hat somit einen „LebensRaum“ ermöglicht, der hier und heute in Berlin Rudow älteren pflegebedürftigen Menschen ein Zuhause bietet.
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