Schloss Blumenthal

Neue Wohnformen in alten Gemäuern

In einem ehemaligen Schloss in der Nähe von Augsburg leben und arbeiten 33 Erwachsene und sieben Kinder zusammen. Mehrere Unternehmerehepaare, vereint in der Schloss Blumenthal GmbH & Co. KG, haben das Anwesen 2006 erworben, renoviert und 2007 bezogen. Jeder Bewohner, jede Bewohnerin ist an Blumenthal beteiligt und  hat die gleichen Rechte und Pflichten. Entscheidungen werden einstimmig getroffen. Wir sprachen mit Martin Horack über das Gemeinschaftsprojekt.

Wenn Sie nur fünf Worte hätten: Wie würden Sie Schloss Blumenthal beschreiben?

Das ist bei so einem komplexen und vielfältigen Projekt, wie wir es sind, ein Ding der Unmöglichkeit. Ich versuche es trotzdem mal: Sozial, ökologisch, künstlerisch-kulturell, gemeinwohl-ökonomisch sowie gesundheitsorientiert. Das sind unsere fünf Säulen, die wir in Blumenthal gemeinsam realisieren wollen. Charakteristisches Merkmal unseres Mehrgenerationenprojektes ist zum einen die Vielfältigkeit und zum anderen die Toleranz, beziehungsweise frei von Dogma zu sein. Vielfalt ist ein Kennzeichen von Leben und Natur, und frei von Dogma muss man sein, wenn man mit vielen unterschiedlichen Menschen gemeinsam etwas erreichen will.

Was erwartet die Besucherinnen und den Besucher auf Schloss Blumenthal

Zum einen ist Schloss Blumenthal ein wunderschönes, historisches Ensemble mitten in den sanften Hügeln, Feldern und Wäldern des Wittelsbacher Landes nordöstlich von Augsburg. Zum anderen ist es auch ein „Denk-mal“ im wahrsten Sinne des Wortes. Hier engagiert sich eine Gruppe von kreativen Menschen, einen LebensLernOrt zu gestalten, welcher für BewohnerInnen, Kinder, Jugendliche und erwachsene Besucher, künstlerische Veranstaltungen, Feiern und Firmenseminare gleichermaßen attraktiv ist und durch seine Andersartigkeit auch ‚Denk’-Anstöße gibt. Blumenthal bietet ein „Forum“, das durch Vorträge und Workshops die Möglichkeit zu Diskussion innovativer Themen gibt und Gelegenheiten zur Vernetzung.

Was erwarten die Menschen, die hier in der Gemeinschaft leben und arbeiten möchten?

Die Menschen, die hierher kommen, suchen zum einen Verbundenheit, ein neues WIR-Gefühl mit anderen Menschen und die Möglichkeit, in einer die Freiheit liebenden und gleichzeitig verantwortungsvollen Gruppe einen Platz zu haben, an dem sie ihre vielseitigen Talente einbringen und sich auch individuell weiter entwickeln können. Kindern soll die Möglichkeit geboten werden, in einer naturnahen Umgebung mit vielen Lernmöglichkeiten und vielen anderen Kindern und Bezugspersonen aufzuwachsen. Wir sind ein ‚Haufen’ von kreativen Menschen, die miteinander ein vielseitiges Projekt aufbauen wollen – ‚gemeinsam schaffen, was einer alleine nicht kann’: sowohl ein Gasthaus, Hotel, Seminarhaus betreiben, als auch gleichzeitig einen Ort für Kunst und Kultur schaffen, eine biologische Landwirtschaft aufbauen und ein Forum sein für Denkanstöße.

Nach Ihrem Konzept befinden Sie sich zur Zeit in Phase drei 2013-2016 Ihrer Entwicklung „Erweiterung von Blumenthal auf etwa 50 Personen, Schaffung von Wohnraum, Sozialfond, Landwirtschaft, neue Betriebe.“ Wie weit sind Sie bei den einzelnen Punkten?

Wir haben mit der Realisierung unseres Hotelprojektes und des Seminarbetriebes 2014 einen Meilenstein geschaffen und sind nun in der Lage, weiter zu wachsen. Die Betriebe bieten zum einen Arbeitsplätze, zum anderen zahlen sie Pacht in die Muttergesellschaft Schloss Blumenthal. Durch den Hotel- und Seminarbetrieb können wir unser nächstes großes Projekt – den Aufbau einer biologischen Gärtnerei und Landwirtschaft – von vorneherein so planen und realisieren, dass es zum Gesamtprojekt passt. Da wir noch weitere Gebäude haben, die zu Wohnraum ausgebaut werden sollen, sind wir auch nach wie vor offen für Menschen, die unser Projekt interessant und lebenswert finden und die bei der Realisierung mithelfen wollen – da brauchen wir momentan vor allem junge Familien.

Der Sozialfond wird zwar schon diskutiert, wartet aber noch auf seine Geburt.

Im Nachhinein betrachtet: Würden Sie etwas anders machen? Wenn ja, was?

Der Weg, den wir gegangen sind, war sicher oft ein Zickzackkurs und kein einfacher. Es gab am Anfang zunächst das Objekt und erst dann entwickelte sich, wie unsere Zukunft und unsere Vision dazu aussehen sollen. Ich persönlich hätte es vorgezogen, andersherum zu verfahren. Man muss mit den beteiligten Menschen ganz klar definieren und klären, wohin die Reise gehen soll und welche Vereinbarungen es dazu geben wird und dann ein Objekt dazu suchen.

Wer oder was hilft, wenn es einmal Konflikte gibt?

Zum einen haben wir nach und nach gelernt, Konflikte auch als positive Elemente sehen zu können und die Chancen daraus zu nutzen. Zum anderen versuchen wir sowohl über die Techniken der gewaltfreien Kommunikation als auch mit Supervision und Gemeinschaftsbildung Konflikte klar anzusprechen, zu klären oder zu befrieden, und bei Entscheidungen nach Möglichkeit einen Konsens zu entwickeln. Das klappt nicht immer, aber immer öfter. Man darf nicht aus dem Kontakt gehen, sondern muss möglichst direkt miteinander reden und vor allem einander zuhören.

Schloss Blumenthal ist auch GLS Mitglied. Was verbinden Sie mit der Mitgliedschaft?

Mit der GLS Bank haben wir einen wunderbaren Partner, der auch in Bezug auf unsere Werte und unsere grundsätzliche Orientierung 100 % auf unserer Linie liegt. Wir schätzen die sehr persönliche Verbindung, das gegenseitige Vertrauen und die faire Partnerschaft mit unserer Bank. Seinerzeit gab es keine andere Bank, die bereit war, so ein durchaus gewagtes und ambitioniertes Projekt wie unseres zu unterstützen. Heute – nach acht Jahren – gelten wir in der Region und auch teilweise überregional als ein relativ etabliertes Vorzeigeprojekt, zumindest was den Ausbau, die Nutzung, die Geschäftstüchtigkeit und Entwicklung betrifft. Bei der Realisierung unserer fünf Säulen gibt es aber noch viel zu tun. Mit der GLS Bank sind wir da allerdings zuversichtlich, dass wir auch das noch schaffen werden.

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Fotos: Copyright Schloss Blumenthal

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