Studie: Pestizid-Abgabe könnte Pestizideinsatz halbieren
Eine neue Studie zur Pestizidabgabe zeigt: Durch eine regulierte Abgabe können wir den Einsatz von Pestiziden in Deutschland halbieren. Ein breites Bündnis aus GLS Bank und Umweltorganisationen fordert die Regierung auf, den Hebel für eine Agrarwende endlich umzulegen. Sie verweisen auf langjährige positive Erfahrungen mit Abgaben auf Spritzmittel in Schweden und Dänemark. Dort liegt heute das Pestizidniveau je Hektar mengenmäßig bei rund der Hälfte des deutschen Niveaus.
Gefahr durch Pestizide
Pestizide belasten die Umwelt, sind für das Insekten- und Bienensterben verantwortlich und verunreinigen Böden, Gewässer und unsere Atemluft. Der zunehmende Pestizideinsatz führt zu Resistenzen bei den „Schädlingen“, deshalb verlieren viele Mittel mit der Zeit ihre Wirksamkeit. Die Folge: Immer mehr Pestizid-Cocktails müssen eingesetzt werden, um die gleiche Wirkung zu erzielen. Das ist umso bedenklicher, weil die Wechselwirkungen der über 290 verschiedenen toxischen Wirkstoffe wissenschaftlich nicht untersucht sind.
Deutschland muss handeln! Zum einen soll sich laut einem Entwurf der EU-Kommission bis 2030 die Menge an Pestiziden halbieren. Zum anderen muss Deutschland bestehende Gesetze erfüllen, wie die Europäische Wasserrahmenrichtlinie, die besagt: Trinkwasser ist unser wichtigstes Lebensmittel, es kann durch nichts ersetzt werden. Unsere Gewässer müssen so geschützt und behandelt werden, dass der bestmögliche ökologische und chemische Zustand erreicht oder erhalten wird (EU-WRRL, 2000).
Seit 2017 fordert die GLS Bank eine Abgabe auf Pestizide, um den unkontrollierten Einsatz von Glyphosat und Co. einzudämmen. Bisher ist die Politik untätig geblieben.
Wichtigste Ergebnisse
Pestizidabgabe: je schädlicher, umso teurer
Die neue, von der GLS Bank und dem Bündnis gemeinsam finanzierte Studie zeigt, dass eine Abgabe die Menge und die Toxizität der einzelnen Spritzmittel berücksichtigen muss, um wirksam zu sein. Eine reine Mengenabgabe würde dazu führen, dass konventionelle Landwirt*innen auf Pestizide umschwenken, von denen deutlich weniger verwendet werden müssen, die aber bis zu 1000 Mal giftiger sind. Eine Abgabe sollte Herbizide und Insektizide höher besteuern, da von ihnen direkt und mittelbar vielfältige negative Effekte für die biologische Vielfalt – wie Insekten und Vögel – ausgehen und zugleich viele nicht-chemische Alternativen bestehen. Indem die Studie verschiedene Abgabe-Modelle sowie internationale Erfahrungen analysiert, liefert sie eine fundierte politische Entscheidungsgrundlage. Dass Abgaben sinnvolle ökonomische Anreize zur Regulierung schadhafter Stoffe sind, zeigen Tabak- und Alkoholsteuer. Auch hier greift der Staat ein, ohne giftige Stoffe gänzlich zu verbieten.
Hohes Reduktionspotenzial
Die Studie zeigt, dass eine Reduktion des Pestizideinsatzes um bis zu 46 % möglich ist. Ein Vergleich mit Dänemark veranschaulicht, dass bei reduziertem Spritzmitteleinsatz weder die Produktivität noch die Profitabilität der Bauern beeinträchtigt wird. Mit der Einführung einer Pestizidabgabe könnte nach der Bundestagswahl 2021 die zukünftige Regierung einen längst überfälligen Beitrag zur Umsetzung bestehender Gesetze, zur versprochenen Agrarwende und zur Generationengerechtigkeit leisten. Davon sind die Auftraggeber*innen der Studie üb erzeugt.
Abgabe soll Umstellung auf Bio finanzieren
Die Mittel aus der Pestizidabgabe sollen laut Empfehlung der Autor*innen gezielt den Landwirt*innen und Initiativen zugutekommen, die ihre Betriebe auf pestizidfreie Anbauverfahren, auf Agrarökologie oder auf Bioanbau ausrichten. In der Spitze könnten dem Staat bis zu 1,2 Milliarden Euro für Naturschutz und Öko-Landbau zur Verfügung stehen.
Mehr Infos zur Pestizid-Abgabe-Studie
Die Autoren der Studie untersuchten, wie eine Abgabe auf Pestizide zu konzipieren ist, die den Absatz an Pestiziden und die damit behandelbare Fläche in Deutschland halbiert. Hierfür haben die Wissenschaftler den Pestizideinsatz in Deutschland und Dänemark genauer analysiert und ein Datenbankmodell entwickelt, mit dem sie für verschiedene Abgabenkonzepte die Effekte auf Preise, Absatzmengen und die behandelbare Fläche simulierten.
Die Untersuchung wurde beauftragt von Aurelia Stiftung, BioBoden Genossenschaft eG, Bioland e.V., Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft e.V., Deutsche Umwelthilfe e.V., Foodwatch e.V., GLS Bank, GLS Bank Stiftung, Greenpeace e.V., GLS Treuhand – Zukunftsstiftung Landwirtschaft, Pestizid Aktions‐Netzwerk e.V. (PAN Germany), Soil & More Impacts GmbH, WWF Deutschland.
Deutsch: Studie zur Pestizidabgabe
Englisch: Study: Pesticide tax in the EU