Hitzacker Dorf
Das Dorf im Wendland steht für eine offene Kultur, unabhängig vom Geldbeutel und gemeinschaftlich organisiert.
Rein äußerlich wächst das Dorf langsam: Sechs Häuser für rund 30 Bewohner*innen in einem Mischgebiet am Rande von Hitzacker sind fertig, Platz für 300 soll es einmal geben. Alles entsteht mit viel Eigenleistung; jede*r wie er oder sie kann. Die älteren Frauen haben sich auf Lehmputz spezialisiert — so wie Lassen, eine der Begründer*innen dieser Gemeinschaft. Das ist körperlich nicht so herausfordernd. Für diese gemeinschaftlichen Arbeiten gibt es keine Tabellen und Zeitkonten. Ein Zeichen für die Verbundenheit und Verbindlichkeit im Dorf: Man nimmt an, dass jeder das Seine beiträgt, und hält es aus, mit gelegentlichen Zweifeln zu leben. Man sieht immer wieder lächelnde Menschen bei der Arbeit, und das nicht nur, weil gerade Besuch da ist.
Die Architektur wirkt anheimelnd und warm, Holz in den oberen Etagen erinnert an Schwarzwald oder Alpen, die Anordnung der Häuser an die berühmten wendischen Runddörfer der Gegend. Auch die jüngere Geschichte ist spürbar: Die Proteste gegen das Atommülllager in Gorleben seit den 1980er-Jahren haben die abgelegene Landschaft an der Elbe stark geprägt. Viele Genossen waren Teil der Proteste, im Wendland finden sich viele Biobetriebe, alternative Geschäftsideen, kulturelle und soziale Initiativen. Eine gute Gegend, um weitere Utopien zu versuchen.
Die dörfliche Struktur macht womöglich auch den interkulturellen Ansatz leichter. Die Syrerin Naram Alomar erzählt, wie daheim die erweiterte Familie immer zusammen war: „So erlebe ich es auch hier. Ich finde, die ganze Welt sollte so leben.“ Alomar ist 2014 mit ihrer Familie aus Aleppo geflüchtet. Dort war sie Jurastudentin, ihr Mann Sala Mostafa Goldschmied. Jetzt beginnt sie eine Ausbildung zur Altenpflegerin, er steht am Ofen einer Pizzeria. Geflüchtetenschicksal, aber sie ist glücklich: „Hier ist mein Herz aufgegangen.“
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Foto: Hitzacker Dorf